Im Galopp
Im Gleichklang mit den Pferden
Wenn sich in Meran alles auf die Zielgerade fokussiert, vibriert die Luft. Die Rennbahn wird zur Bühne, das Publikum zum Teil der Inszenierung.
Der Staub der Rennbahn legt sich wie Puder auf die Haut. Ganz leicht nur. Der Wind weht ihn über die Tribüne, trägt ihn zu den Stühlen aus Rattan, zu den Hüten mit breiter Krempe, zu den Stimmen, die für einen Moment leiser werden. Dann hebt sich der Blick. Ein Pferd tritt aus dem Schatten, das Fell schimmernd in der Sonne, begleitet vom Schritt des Stallburschen und einem Flüstern aus der Menge.
Die Pferderennbahn Meran liegt im Stadtteil Untermais, von grünen Kiefern eingerahmt, als hätte sich die Natur rundherum zurückgelehnt, um diesem Schauspiel Raum zu geben. Seit 1935 zieht dieser Ort Liebhaber des Pferdesports an –wegen seiner imposanten Anlage und der besonderen Atmosphäre.
Das Herzstück der Saison bildet der Gran Premio Merano im September – ein Hindernisrennen, das zu den anspruchsvollsten Europas zählt. Eine 5 000 Meter lange Strecke, 24 Sprünge, internationale Reiterelite, elegante Zuschauer. Und über allem: die gespannte Ruhe zwischen Startglocke und erstem Hufschlag.
Doch auch zu anderen Zeiten pulsiert das Leben auf der Bahn. Am Ostermontag etwa, wenn die Haflinger zum traditionellen Galopprennen antreten. Meran feiert dann seine alpine Herkunft und tief verwurzelten Traditionen. Ein Festzug zieht durch die Stadt – Musik, Trachten, Blütenkränze –, bevor die hellmähnigen Pferde zeigen, was in ihnen steckt.
Zwischen den Rennen: Aperitif im Schatten der Loge, Gespräche, kleine Wetten. Ein Junge mit Fernglas auf den Knien zählt die Pferde, eine Frau mit Lederhandschuhen notiert Namen auf einem zerfledderten Zettel. Unten auf dem Rasen stehen die Starthelfer in Reih und Glied.
Die Rennbahn selbst trägt die Handschrift Paolo Vietti-Violis, eines Mailänder Architekten der 1930er-Jahre. Rationalistische Formen, großzügige Perspektiven, der Visionär wollte eine Stätte schaffen, die dem edlen Tieren entspricht, die sich hier messen.
Zurück in Gargazon liegt ein anderer Takt in der Luft. Das Biorefugium empfängt Sie mit einer gemütlichen Bank im Garten oder den Liegen am Pool. Die Eindrücke des Tages begleiten Sie noch – das rhythmische Stampfen, der Jubel aus den Kehlen, die gespannten Mienen der Jockeys. Im Schatten der Apfelbäume scheint dieser Tag fern und nah zugleich. Wer die Augen schließt, hört vielleicht noch ein leises Trommeln in der Brust. Was für ein Tag!